Leitartikel zu Arcandor: Letzte Chance Insolvenz
Ernst Sindel spricht vom Super-GAU. Und der Betriebsratschef des Versandhändlers
Quelle hat damit Recht. Die Insolvenz ist das schlimmste anzunehmende Geschäftsmodell
- zumindest aus der Perspektive der Aktionäre, der Lieferanten und
der Vermieter der Karstadt-Filialen. Gewerkschafter haben in den vergangenen
Tagen zuerst versucht Druck auf die Bundesregierung auszuüben. Doch
die Kritik geht in die falsche Richtung. Nicht die Politiker haben das
Debakel bei Arcandor verschuldet, sondern die Hauptanteilseigner, die Eigentümer
der Privatbank Sal. Oppenheim und die Aktionärsgruppe um die Quelle-Erbin
Madeleine Schickedanz.
Mit einer "Rettungsbeihilfe" wollte das Management die Gesellschaft
über Wasser halten - hat dabei aber nicht kapiert, worum es bei diesem
Instrument der staatlichen Hilfe geht. Es ist die Ultima Ratio für
ein Unternehmen, das bei Eigentümern und Gläubigern alle finanziellen
Spielräume ausgereizt hat und trotzdem in einem akuten finanziellen
Engpass steckt. Mit der Beihilfe soll Zeit gewonnen werden, um einen Plan
für eine Umstrukturierung auf die Beine zu stellen.
Wären die beiden Großaktionärsgruppen bereit gewesen,
mehr Geld - das heißt mehr Privatvermögen - in die Hand zu nehmen,
hätte auch die Politik Staatsgeld in begrenztem Umfang bereitstellen
können. Letztlich haben also der Schickedanz-Pool und die Oppenheim-Banker
Arcandor fallen gelassen.
Dass eine Kernsanierung bei Arcandor ansteht, war längst klar.
Spätestens, als im Februar der damalige Konzernchef Thomas Middelhoff
davon gejagt wurde. Er agierte wie ein Investmentbanker. Mit den Prinzipien
des Finanzkapitalismus sollte der Gemischtwarenladen.
Die Aktionäre ließen sich durch Middelhoffs brillante Performance
bei Präsentationen blenden und durch die vielen grünen Haken
auf seinen Folien, die vermeintlich abgeschlossene Projekte markierten.
Doch Arcandor brauchte keinen Finanzakrobaten. Ein Handelsexperte, der
die heruntergewirtschafteten Kaufhäuser wieder attraktiv macht, wäre
wichtig gewesen.
Das wird jetzt im juristischen Gewand eines Insolvenzverfahrens nachgeholt
und zwar mit der überfälligen Verschmelzung der Karstadt- mit
den Kaufhof-Häusern. Das bedeutet Warenhäuser werden dicht gemacht,
in Elektronikmärkte oder in Einkaufszentren umgebaut.
Es wird schmerzhaft. Auch für Lieferanten. Auch die Vermieter
der Karstadt-Immobilien werden wohl auf absehbare Zeit kein Geld mehr sehen.
Und die Kaufhausfusion wird nur ein Schritt sein. Die Zerschlagung steht
bevor. Das ist ein Begriff, der sich schwer nach Super-GAU anhört.
Natürlich werden Stellen verschwinden. Aber es besteht zumindest die
Chance, dass Teile des Konzerns in neue robustere Strukturen eingebunden
werden.
Quelle: FR-online.de - Erscheinungsdatum 10.06.2009 (gekürzt)
1. Fassen Sie den Text in Ihren eigenen Worten zusammen.
2. Unter welchen Bedingungen hilft der Staat derzeit in Schwierigkeiten
gekommenen Unternehmen?
3. Warum wird Arcandor nicht genauso gerettet wie Opel?
4. Als Middelhoff Konzernchef von Arcandor wurde, waren die Kaufhäuser
(und der Boden auf dem sie standen) noch Eigentum von Karstadt. Was hat
der Manager dann damit gemacht? Beurteilen Sie die Sinnhaftigkeit dieses
Vorgehens.
Marketing
1. Was ist Marktforschung und wozu dient sie?
2. Welche Verfahren gibt es bei der Marktforschung?
3. Welche Methoden gibt es bei der Marktforschung?